In dieser Interviewserie stelle ich 7 Fragen an Inhouse-Führungskräfte aus dem Bereich SEO und Digitales Marketing. Hierdurch lernst du die Leads und ihre Perspektive über Leadership kennen und erhälst durch ihre Antworten Impulse für die Leitung deines eigenen Teams. Es lohnt sich also definitiv! Darf ich also vorstellen? Norman Nielsen, Vice President Growth bei Omio. – Er wird mir im Folgenden Rede und Antwort stehen…

Norman Nielsen
Vice President Growth bei Omio
Norman Nielsen ist seit April 2019 bei Omio, einem Berliner Unicorn und globaler Buchungsplattform für Zug-, Bus-, Flugtickets. Dort verantwortet er als VP Growth die Bereiche Organic, CRM und ASO. Bekannt in der Digitalwirtschaft ist er für seine 7 Jahre bei Zalando, wo er als Global Head of SEO & Content Marketing mit mehr als 80 multinationalen Mitarbeiter:innen einen wesentlichen Anteil an der steilen Entwicklung des Mode Online-Shops hatte. Norman ist zudem seit über einer Dekade als Speaker und Consultant unterwegs und ein gern gesehener Gast bei diversen Online Marketing Konferenzen und Podcasts in Europa.
1. Welches Buch, Blog oder Podcast hat dich als Führungskraft positiv geprägt und würdest du weiterempfehlen?
Jim Collins Der Weg zu den Besten (Danke Katharina S.) habe ich zu meiner ersten Führungsrolle 2011 geschenkt bekommen und viele Eigenschaften guter Fuehrungskräfte für mich ableiten können. In dem Buch werden Top-Unternehmen statistisch analysiert und Aussagen zu vorteilhaftem Verhalten der Führungskräfte und der Unternehmensstrategie getroffen. Auch wenn in die Jahre gekommen, werden viele Aussagen und Methoden auch in der kontemporären Führungsliteratur verwendet. Hervorzuheben (und an was ich mich noch erinnern kann) sind insbesondere folgende drei Punkte:
- It’s all about the people – Die richtigen Talente, ausgestattet mit genug Freiraum, gut auf eine klare Vision hin organisiert.
- Entschlossen und bescheiden (intern) als Führungskraft – i like
- Innovations, konstante Verbesserung und eine Diskussionskultur
2. Wie würdest du deinen Führungsstil beschreiben und welche Erwartungen impliziert dies auf deine Mitarbeiter?
Die stärkste positive Prägung auf meinen Führungsstil habe ich bisher immer durch außergewöhnlich gute Führungskräfte in meiner Vergangenheit erfahren, sowohl bei Zalando, Axel Springer, Omio und der Markt Gruppe. Empfehlung hier: Such dir die richtige Führungskraft aus.
An meiner Uni (TU-Berlin) habe ich auch Managementmethoden studiert und war begeistert von Management by Exception als Theorie. Gerade in Kombination mit Thought Leadership ein sehr mächtiger Ansatz. Gilt heute mehr denn je denke ich, gerade mit New Work Methoden, dem Ende von Command & Control und flächendeckendem Einsatz von OKRs.
Konkret heisst das: Ich gebe Vision und Rahmen vor, jeder ist gleichgestellt wenn es um Diskussionen, Innovationen, Kreationen geht. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter wird on und off the Job gefördert – seinem Potential entsprechend, selbst wenn das bedeutet, dass sie/er dem Team entwächst. Ich versuche immer High Potential Teams mit hoher Diversität, Disziplin, Engagement zu formen, der Rest folgt von alleine.
3. Inhouse zu führen steht für mich auch stark in Verbindung mit dem Thema Stakeholder-Management. Wie gelingt es dir, andere Mitarbeiter:innen und Abteilungen für dein Thema zu begeistern und für die Umsetzung der für dich wichtigen Themen zu sorgen?
Ich habe 2011 meinen ersten größeren Speaker-Auftritt gemacht (Danke Christoph B.) und sofort die Power für interne Stakeholder erkannt. Ich bereite Themen spezifisch für jede interne Zielgruppe auf, gerne klar, teilweise unterhaltsam, immer verständlich und mit genug Feuer beim präsentieren.
Transparenz und die Verknüpfung von Aufgaben mit Zielen und der Vision ist ein hilfreiches Element – Nicht jeder Stakeholder ist immer voll im Bild wenn es um fremde Teams und Abteilungen geht. Als verständlich erweist sich oft die Verknüpfung von User-Demand und Business-KPIs.
4. Du bekleidest eine Position des mittleren Managements. Wie gelingt es dir, die Spannung auszuhalten, die Interessen der Geschäftsführung zu vertreten und gleichzeitig dein Team zu schützen bzw. ihre Wünsche zu berücksichtigen?
Management Handbuch Seite 1: Teamleiter stellen sich vor das Team bei Problemen und rücken ihn bei Lob in den Mittelpunkt. Ich persönlich bin Fan von sehr schneller, transparenter Kommunikation vom Management Board runter in die Teams. Die Vorteile in Bezug auf Mitarbeiterzufriedenheit, schnelleren Entscheidungen überwiegen m.E. die Nachteile von externem Wissensabfluss.
Spannung aushalten: Ich habe Kinder und mache Sport. Davon abgesehen werden Manager dafür bezahlt Spannungen auch mal auszuhalten, bis die passende Lösung gefunden ist.
5. Inhouse zu arbeiten, bedeutet in ein Unternehmen, eine Branche tiefer einzutauchen. Im Gegensatz zum Agenturleben kann dies u.U. für mehr Monotonie sorgen. Wie sorgst du daher bei deinen Mitarbeiter:innen für ausreichend Abwechslung und immer wieder neue Herausforderungen?
Inhouse bietet die Chance sich breiter aufzustellen und auch außerhalb seines Kanals Wissen und Verantwortung aufzubauen. Man kann direkt am Aufbau der Firma mitarbeiten und das gesamte Business verstehen. Wir fördern aktiv diesen crossfunktionalen Austausch, lassen Raum für explorative Themen, gerne auch Mitarbeiterideen. Inhouse bedeutet für mich auch konstante Optimierung in den Teams – Prozesse, Aufgaben, Arbeitsweisen – Da sollte keinem langweilig werden.
6. Meetings sind ein zentrales Tool im Unternehmensalltag. Diese haben sich stark durch New Work (Home Office, Remote Work etc.) verändert. Welche regelmäßig stattfindenden Meetings haben sich für dich bewährt und wie gestaltest du diese so, dass diese effizient ablaufen und Spaß machen?
Im Januar haben wir Tabula Rasa im Kalender gemacht und alle Meetings neu gedacht: Was geht Remote, was in-person, was kann weg.
Ein neues Modell ist dabei entstanden, was ich auf der SMX Munich kurz vorgestellt hatte und weiterhin gut im Einsatz ist: Einteilung der Meetings in Homeoffice oder in-person meetings sowie die reduzierung auf 3 grundlegende Meetingarten, insb. CIC-Meetings als Neuerung (Create-Innovate-Cooperate).
Zwei kurze Stand-Ups pro Woche, Weekly Teammeeting, Weekly 1:1s, Quarterlies, jahresgespräche, gemeinsames Trinken und Essen so oft wie möglich, Monatlicher Lerntag und ein monatlicher Fix-it Tag bilden das Grundgerüst.
Agenda: Tatsächlich haben wir bei praktisch allen Meetings eine Agenda als Doc oder Präsentation – Immer mit Verbally als Meetingassistents-Tool. Dieser sorgt für gerechte Sprachanteile im Standup und Timer sowie Agenda-Visualisierung.
7. Welche weiteren Herausforderungen siehst du in der Remote-Führung und wie gehst du damit persönlich um?
Neben den vielen Vorteilen von Remote-Arbeit zählen die Vermittlung von Unternehmenskultur, Beziehungsaufbau über Teams hinweg, Onboarding, generell Innovationsfördernde Teamarbeit zu den Herausforderungen.
Drei Konzepte um diese Aufgaben anzugehen:
- Bisher halte ich Hybridmodelle für viele Unternehmen in der Digitalwirtschaft für vorteilhaft.
- Remote-Hubs (kleine Offices in anderen Städten) können im Hiring helfen, fördern Wissensaustausch und Kulturaufbau.
- Office Quality Time nenne ich mein Konzept bei Omio.com, um die Zeit im Büro für alle wertvoll zu machen. Dazu gehören externe Speaker, kostenloses gemeinsames Essen, aber auch Hackathons, Gamingnights, Meetups, Offsites, off-the-job learnings usw.
Bonusfrage: Unternehmen arbeiten z.T. auch mit Agenturen zusammen. Die Setups sind hierbei sehr vielfältig. Daher stellt sich hierbei die Frage, wer hier eigentlich wen wie am besten führen sollte. Wie ist deine Sicht der Dinge: Wie gelingt eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Agenturen?
Am Markt sehe ich viele Modelle der Zusammenarbeit zwischen Agenturen und Kunden. Bei allen spielt Erwartungsmanagement eine wichtige Rolle: Es gibt kein 100%iges auslagern an die Agentur, das interne Interface hat hier eine wichtige Funktion. Daneben sind aktive Kommunikationskanäle und wer die Führung bei dem Projekt und der Kommunikation übernimmt wichtig.