In dieser Interviewserie stelle ich 7 Fragen an Freelancer:innen aus dem Bereich SEO und Digitales Marketing. Im Fokus stehen dabei Fragen aus den Bereichen Selbstführung, Selbstständigkeit und Unternehmertum. Hierdurch lernst du die freischaffenden Unternehmer:innen näher kennen und erhälst durch ihre Antworten einen Eindruck, worauf es beim Freelancing ankommt. Es lohnt sich also definitiv! Darf ich also vorstellen? Jens Umland. – Er wird mir im Folgenden Rede und Antwort stehen…

 

Jens Umland

Jens Umland

Jens Umland ist seit 2016 als Freelancer im Bereich SEO mit dem Fokus auf strategischem und technischem SEO tätig. Vor seiner Selbstständigkeit war Jens sechs Jahre als Inhouse SEO tätig, zunächst im DACH-Bereich (shopping24) und danach international (Jimdo). Speziell für den technischen Teil und damit einhergehend unter anderem für die Kommunikation mit Entwicklern ist sein zuvor abgeschlossenes Studium in Wirtschaftsinformatik von Vorteil.

 

1. Welches Buch, Blog oder Podcast hat dich für die Themen Selbstführung und Unternehmertum positiv geprägt und würdest du weiterempfehlen?

Über ein Buch verschaffe ich mir oft einen Ein- und Überblick mit Blinkist. Hier werden die Kernaussagen in kurzen Audio-Snippets aufbereitet. Sind diese gut, lese ich das Buch. Für mich waren schon vor der Selbstständigkeit die Themen Selbstorganisation und Produktivität wichtig. Dementsprechend war und ist Getting Things Done von David Allen ein wichtiges Buch für mich. An folgendes Zitat erinnere ich mich hier besonders: “Your mind is for having ideas, not holding them.” Ein weiteres Buch ist The 4-Hour Workweek von Timothy Ferriss. Auch hier ein Zitat: “To enjoy life, you don’t need fancy nonsense, but you do need to control your time and realize that most things just aren’t as serious as you make them out to be.”

 

2. Selbstständig zu sein bedeutet nicht nur sein eigener Chef zu sein, sondern letztlich auch sein:e erste:r und einzige:r Angestellte:r zu sein. Damit einher geht, dass man sich selber Strukturen, Routinen und Prozesse schaffen muss. Das ist Selbstdisziplin. Welche Mittel und Wege helfen dir dabei, um dich selbst zu organisieren und weise mit deinen Freiheiten umzugehen?

Ich würde mich – nicht erst seit meiner Selbstständigkeit – als strukturierten und gut organisierten Menschen beschreiben, was als Freelancer ganz sicher von Vorteil ist. Dazu habe ich ein Faible für digitale Organisation (nicht erst seit dem ich „Getting things done“ las). Das bedeutet, ich nutze eine ToDo-App für alle Aufgaben (beruflich und privat) und einen Kalender (auch beruflich und privat). Mein Anspruch hier ist bewusst, mich nicht an etwas gezielt erinnern zu müssen, sondern ein System zu schaffen, in dem ich zu jeder Zeit und von jedem Gerät einen Überblick habe.

 

3. Im Volksmund sagt man „Selbstständig zu sein bedeutet: Selbst und ständig.“ Ob das immer so stimmt, hängt sicher von einem selbst ab. Aber eins ist klar: Selbstständigkeit verlangt Selbstachtung. Wie gelingt es dir, dass du verantwortungsvoll mit deiner Zeit und deinem Körper umgehst?

Wie du schon in der Fragestellung richtig erwähnst, es hängt von einem selbst ab, das einzige Korrektiv hierbei ist man selbst. Der verantwortungsvolle Umgang gelingt mir ehrlicherweise mal besser und mal schlechter, hier gibt es für mich definitiv noch Potential.;) Es gelingt mir besser, wenn ich überwiegend in Projekte eingebunden bin, bei deinen ich asynchron arbeiten kann. So kann ich die Zeit unabhängiger vom Projekt für mich definieren. Andersherum bedeutet eine stärkere Einbindung in ein Team eines Kunden für ein Projekt eben auch, etwas von der Unabhängigkeit abzugeben. Das kann dann eben genau zu der von dir beschriebenen Situation führen, da mehrere Projekte parallel passieren. Aber – und das ist mir wichtig zu betonen – es liegt an einem selbst, die korrekte Balance zu finden, was für mich über einen längeren Zeitraum betrachtet auch gut funktioniert.

 

4. Freelancer:innen sind per se selbst ihre wichtigste Schlüsselressource und gleichzeitig auch ihr wichtigster Vertriebskanal. Damit einher geht ein nicht skalierbares Geschäftsmodell, insbesondere wenn Zeit gegen Geld verkauft wird. In der Literatur spricht man hierbei vom Owner’s Business Dilemma. Inwiefern siehst du dies für dich persönlich als ein Problem? Und welche Lösungsideen hast du, um diesem zu entkommen?

Wenn Zeit gegen Geld verkauft wird, ist die Planung umso wichtiger. Dies gilt aus meiner Sicht sowohl für die Einnahmen- als auch für die Ausgaben-Seite. Denn nur wenn ich meine Ausgaben kenne, weiß ich, wieviel ich brauche, also einnehmen muss. Darüber hinaus geht es für mich nicht nur um Skalierung und Gewinnmaximierung, sondern für mich zu definieren, was ich brauche, um glücklich zu leben. Davon leitet sich dann der Zeitaufwand ab. So kann ich sicherstellen, nicht getrieben nach einem maximalen Gewinn zu agieren. Davon unabhängig ist selbstverständlich der kontinuierliche Lernprozess, durch den das Know-how ständig up-to-date gehalten wird.

 

5. Man sagt, dass eine Unternehmensvision die Voraussetzung für die Strategie und damit den langfristigen Erfolg ist. Es dreht sich dabei alles um die Frage, was man ernsthaft mit seinem Business erreichen will. Gilt dies auch für Freelancer:innen? Was ist dein langfristiges Ziel mit deiner Selbstständigkeit?

Ich denke, dass „Vision“ eine Kategorie ist, in der vor allem Unternehmen oder vielleicht auch Teams innerhalb von Organisationen denken. Freelancer:innen brauchen meiner Meinung nach dagegen nicht unbedingt diese eine, große Vision, um mit ihrem Business dauerhaft erfolgreich zu sein. Wohl aber brauchen sie langfristige Ziele. Dazu gehören für mich mit Sicherheit ein kontinuierlicher Lernprozess, bei dem am Ende ein besseres Ergebnis steht. Und ich möchte mein System weiter vorantreiben, das mir erlaubt, bestmöglich zu leben und zu arbeiten.

 

6. Viele sehen in der freischaffenden Beschäftigung die Chance, um wesentlich mehr Geld zu verdienen als in einer Anstellung. Doch immer wieder gibt es auch Beispiele, wo dies eben nicht gelingt. Was sind deines Erachtens die Faktoren, um als Freelancer:in erfolgreich zu sein? Wo siehst du Gefahren und Herausforderungen in der Selbstständigkeit? Und wie ist dein Weg hier gewesen?

Ich denke, ich stehe mit der Meinung nicht allein da, dass Geld allein kein Grund für eine freischaffende Beschäftigung sein sollte. Man kann sowohl festangestellt als auch freischaffend viel Geld verdienen. Entscheidend ist aus meiner Sicht, den eigenen Preis zu kennen. Eine Gefahr ist, selbstlos zu handeln und mehr Zeit in einer freischaffenden Beschäftigung zu verkaufen als jene, die in einer Festanstellung zu Verfügung stünde. Auch hier gilt, es gibt nur ein Korrektiv: man selbst. Wichtig für mich ist, dass jede:r einen guten finanziellen Überblick haben sollte, beispielsweise konkret über die eigenen Ausgaben. Denn es ist aus meiner Sicht zunächst entscheidend, wieviel ich „brauche“, um dann für mich zu entscheiden, wie ich dorthin komme.

 

7. Würdest du jemals wieder in ein Angestelltenverhältnis zurückgehen (wollen)? Warum bzw. warum nicht?

Seriös kann ich diese Frage weder mit einem klaren „ja“ noch mit einem klaren „nein“ beantworten, daher versuche ich mich hier mit einem „jein“ durchzumogeln.;) Es ist eine – für mich – schwere Frage. Wie schon zuvor beschrieben gibt es Projekte, in denen ich sehr eingebunden bin und eben auch Freude daran habe, über einen längeren Zeitraum mit den gleichen Menschen auf ein Ziel hinzuarbeiten. Auf der anderen Seite ist es eben die Freiheit, dass ich nach meinem System ergebnisorientiert arbeiten kann. Neben diesen Aspekten kommt es aber auch auf das Projekt an sich an und ob es mich – neben den Menschen dort – begeistert. Ich schließe es aber ganz bewusst nicht aus, eines Tages wieder in einem Angestelltenverhältnis zu sein.

 

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