In dieser Interviewserie stelle ich 7 Fragen an Freelancer:innen aus dem Bereich SEO und Digitales Marketing. Im Fokus stehen dabei Fragen aus den Bereichen Selbstführung, Selbstständigkeit und Unternehmertum. Hierdurch lernst du die freischaffenden Unternehmer:innen näher kennen und erhälst durch ihre Antworten einen Eindruck, worauf es beim Freelancing ankommt. Es lohnt sich also definitiv! Darf ich also vorstellen? Fabian Jaeckert. – Er wird mir im Folgenden Rede und Antwort stehen…
Fabian Jaeckert
Fabian Jaeckert ist Suchmaschinenoptimierer mit Leib und Seele. Seit 2007 entwickelt er SEO-Strategien. Sein Fokus liegt auf technischem SEO, Keyword-Strategien und Toolsets. Mit seinem Kollegen Benjamin O’Daniel berät und schult er Marketing-Teams in SEO und Content. Bekannt ist Fabian auch durch seinen Content Performance Podcast. Jede Woche bespricht er dort in einer halben Stunde fachliche Themen und interviewt bekannte SEO-Profis aus der Branche.
1. Welches Buch, Blog oder Podcast hat dich für die Themen Selbstführung und Unternehmertum positiv geprägt und würdest du weiterempfehlen?
Ich habe nie viele Bücher und Theorien rund um Selbstführung und Unternehmertum gelesen. Stattdessen habe ich mir immer Personen aus meinem beruflichen Umfeld gesucht, die ich um Rat gefragt habe.
Das würde ich auch grundsätzlich jedem empfehlen, der sich selbstständig machen möchte oder als Unternehmerin oder Unternehmer vor einem Problem steht. Der persönliche Austausch ist viel individueller und tiefgehender als ein Buch.
2. Selbstständig zu sein bedeutet nicht nur sein eigener Chef zu sein, sondern letztlich auch sein:e erste:r und einzige:r Angestellte:r zu sein. Damit einher geht, dass man sich selber Strukturen, Routinen und Prozesse schaffen muss. Das ist Selbstdisziplin. Welche Mittel und Wege helfen dir dabei, um dich selbst zu organisieren und weise mit deinen Freiheiten umzugehen?
Geht es wirklich um Selbstdisziplin oder um Selbstverantwortung? Ich begeistere mich persönlich seit langem dafür, Strukturen und Prozesse für mein eigenes Arbeitsleben zu entwickeln. Das macht für mich den Reiz der Selbstständigkeit aus. Ich entscheide, wie ich meine Zeit für welche Aufgaben nutze und was ich machen möchte.
Beispiel: Ich möchte weder am Abend noch am Wochenende arbeiten. Das schränkt die verfügbare Zeit ein, in der ich Ergebnisse produzieren muss. Gleichzeitig steht außer Frage, dass ich Qualität abliefern will. Dadurch wird es schnell unangenehm, wenn ich zu oft den Fokus verliere in meiner produktivsten Phase am frühen Vormittag. Also lege ich meine Calls ganz bewusst auf die Zeit nach 11 Uhr.
Letztlich ist es auch eine Pflicht, sich selbst zu organisieren. Schließlich trägt man Verantwortung. Für sich selbst, für die eigene Familie und für die Kundenprojekte.
3. Im Volksmund sagt man „Selbstständig zu sein bedeutet: Selbst und ständig.“ Ob das immer so stimmt, hängt sicher von einem selbst ab. Aber eins ist klar: Selbstständigkeit verlangt Selbstachtung. Wie gelingt es dir, dass du verantwortungsvoll mit deiner Zeit und deinem Körper umgehst?
Ich halte gar nichts von diesem Spruch. Das hat für mich nichts mit professioneller Selbstständigkeit zu tun. Und nebenbei: Auch sehr viele Angestellte arbeiten selbst und ständig.
Also steht jeder berufstätige Mensch vor der Frage, ab wann Arbeit zu einer Belastung wird bzw. wann eine Überlastung eintritt. Mir persönlich liegt viel daran, früh zu merken, wenn es zu viel wird und dann gegenzusteuern.
Letztlich ist das auch eine zentrale Aufgabe in der Selbstständigkeit. Man ist verpflichtet, seine eigene Arbeitskraft zu erhalten.
Klassische Dinge wie Mittagspausen und Urlaub fallen bei vielen Selbstständigen unter den Tisch. Bei uns in der Firma nicht. Die Urlaube von Benjamin und mir stehen oft schon ein Jahr vorher fest. Das wiederum macht es auch einfacher, Abwesenheit rechtzeitig den Kunden gegenüber zu kommunizieren und einzuplanen.
4. Freelancer:innen sind per se selbst ihre wichtigste Schlüsselressource und gleichzeitig auch ihr wichtigster Vertriebskanal. Damit einher geht ein nicht skalierbares Geschäftsmodell, insbesondere wenn Zeit gegen Geld verkauft wird. In der Literatur spricht man hierbei vom Owner’s Business Dilemma. Inwiefern siehst du dies für dich persönlich als ein Problem? Und welche Lösungsideen hast du, um diesem zu entkommen?
Von Vertrieb bis Geschäftsmodell: Jeder Selbstständige muss – wie jedes Unternehmen auch – seine eigenen Wege finden.
Unser Podcast ist unser zentrales Kommunikationsinstrument, in das wir viel Arbeitszeit investieren. Dafür verzichten wir auf klassische Vertriebswege, die einfach nicht zu uns passen, wie beispielsweise Kaltakquise.
Geht es wirklich immer um Skalierbarkeit bezogen auf den Umsatz? Man kann auch dahingehend optimieren, sein Geld mit Dingen zu verdienen, die man gerne macht. Ich entwickle leidenschaftlich gerne SEO-Strategien und helfe Inhouse-Marketing-Fachkräften, besser in SEO zu werden.
An unseren Workshops zu arbeiten, sich neue Themen zu erschließen – das ist eine fachliche Skalierung.
Zum Thema Stundensatz: Wir haben uns entschieden, unsere Leistungen für einen Festpreis anzubieten. Dafür haben wir Strukturen und Prozesse geschaffen, um für unsere Kunden zum Beispiel innerhalb von 4 Wochen eine komplette, individuelle SEO-Strategie mit Fahrplan zu erarbeiten.
5. Man sagt, dass eine Unternehmensvision die Voraussetzung für die Strategie und damit den langfristigen Erfolg ist. Es dreht sich dabei alles um die Frage, was man ernsthaft mit seinem Business erreichen will. Gilt dies auch für Freelancer:innen? Was ist dein langfristiges Ziel mit deiner Selbstständigkeit?
Jeden Tag steigen neue KollegInnen ins Online-Marketing ein. Oder haben auf einmal das Thema SEO auf dem Tisch liegen. SEO ist für mich ein zentrales Element im Marketing-Mix, das noch viel zu unterrepräsentiert ist – vor allem bei klassisch aufgestellten Unternehmen. Das will ich ändern. Indem ich SEO-Themen immer wieder aufs Neue erkläre. Im Podcast, auf LinkedIn oder in unserer Beratung.
Gray-Hat-Methoden werden nach wie vor als erfolgsversprechend kommuniziert und angeboten. Das ist fatal – für die ganze Industrie. Mir ist es wichtig, SEO als sauberen, professionellen Marketing-Kanal mit Fokus auf den User zu etablieren.
Auf einer persönlichen Ebene möchte ich mir die Freiheit erhalten, genau das jeden Tag machen zu können.
6. Viele sehen in der freischaffenden Beschäftigung die Chance, um wesentlich mehr Geld zu verdienen als in einer Anstellung. Doch immer wieder gibt es auch Beispiele, wo dies eben nicht gelingt. Was sind deines Erachtens die Faktoren, um als Freelancer:in erfolgreich zu sein? Wo siehst du Gefahren und Herausforderungen in der Selbstständigkeit? Und wie ist dein Weg hier gewesen?
Eine epische Frage.
Ehrlicherweise sollte man als Selbstständiger schon das Ziel haben, etwas mehr zu verdienen als wenn man Angestellter ist. Das ist auch nötig. Schließlich gibt es mehr Risiken. Und viele Kosten trägt man alleine, wie Krankenversicherung und Rente. Dazu kommt, dass man auch Rücklagen bilden sollte.
Die größte unternehmerische Gefahr als Selbstständiger ist, von einem Großkunden abhängig zu sein. Eine Sache, die übrigens auch auf viele Agenturen zutrifft. Denn dann ist man nicht wirklich frei.
Und man steht oft vor der Frage, ob man Aufträge annimmt, die nicht der Kernkompetenz entsprechen.
Beispiel: Ich habe auch viele Jahre Google Ads-Kampagnen aufgesetzt, in der Typo3 Webentwicklung gearbeitet und programmiert. Trotzdem bieten wir das nicht an – auch wenn es angefragt wird. Dafür gibt es andere Spezialisten.
Die größte Aufgabe besteht darin, seine eigene Rolle und Positionierung im Markt zu finden und daran kontinuierlich weiterzuarbeiten.
7. Würdest du jemals wieder in ein Angestelltenverhältnis zurückgehen (wollen)? Warum bzw. warum nicht?
Seien wir ehrlich: Niemand weiß, wie sich der Markt und das eigene Leben entwickeln. Aber die Selbstständigkeit ist immer mein absoluter Favorit gewesen – und ist es bis heute.