In dieser Interviewserie stelle ich 7 Fragen an Freelancer:innen aus dem Bereich SEO und Digitales Marketing. Im Fokus stehen dabei Fragen aus den Bereichen Selbstführung, Selbstständigkeit und Unternehmertum. Hierdurch lernst du die freischaffenden Unternehmer:innen näher kennen und erhälst durch ihre Antworten einen Eindruck, worauf es beim Freelancing ankommt. Es lohnt sich also definitiv! Darf ich also vorstellen? Jan-Peter Ruhso. – Er wird mir im Folgenden Rede und Antwort stehen…
Jan-Peter Ruhso
Jan-Peter Ruhso ist seit 2016 freiberuflich aktiv und hat sich auf E-Commerce SEO spezialisiert. In seiner Rolle berät er hauptsächlich Großunternehmen im DACH-Raum. Jan-Peter ist auch Gründer von dem SEO Logfile-Analyse-Tool crawlOPTIMIZER. Seine Leidenschaft für E-Commerce & Startups liegt in seinen DNA.
1. Welches Buch, Blog oder Podcast hat dich für die Themen Selbstführung und Unternehmertum positiv geprägt und würdest du weiterempfehlen?
Selbstführung und Unternehmertum sind zwei Themen, die mich seit langem faszinieren. In letzter Zeit habe ich viel über beide Themen gelesen und gehört und möchte hier einige der Bücher, Blogs und Podcasts empfehlen, die mich am meisten beeindruckt haben.
Das Buch, das mich am meisten beeindruckt hat, ist The Lean Startup von Eric Ries. In diesem Buch beschreibt Ries, wie Startups ihre Produkte entwickeln und bringen sollten, um schnell herauszufinden, ob sie auf dem Markt ankommen. Das Konzept der „Lean Startup“ ist für mich sehr interessant und nachvollziehbar und ich denke, dass es vielen Unternehmern helfen kann, ihre Ideen erfolgreich umzusetzen.
Ein weiteres Buch, das ich empfehlen kann, ist The Innovator’s Dilemma von Clayton M. Christensen. In diesem Buch untersucht Christensen, warum etablierte Unternehmen oft scheitern, wenn sie versuchen, neue Technologien oder Geschäftsmodelle einzuführen. Er kommt zu dem Schluss, dass es oft an der fehlenden Flexibilität und dem Verlust des Fokus auf das Kerngeschäft liegt. Dieses Buch ist sehr informativ und gibt etablierten Unternehmen wertvolle Einsichten in die Schwierigkeiten bei der Einführung neuer Ideen.
Ein absoluter Klassiker in Sachen Selbstführung ist The 7 Habits of Highly Effective People von Stephen R. Covey. In diesem Buch beschreibt Covey sieben Verhaltensweisen, die erfolgreiche Menschen haben. Dazu gehören Dinge wie Disziplin, Zielorientierung und Kommunikation. Covey zeigt auf, wie man diese Verhaltensweisen erlernen und umsetzen kann, um erfolgreicher zu werden.
Die Website Harvard Business Review bietet eine Vielzahl von interessanten Artikeln zu Selbstführung und Unternehmertum.
The Tim Ferriss Show ist eine großartige Quelle für Inspiration und Informationen rund um Selbstführung und Unternehmertum. Ferriss interviewt in jeder Folge spannende Gäste aus unterschiedlichen Bereichen und lässt sie über ihr Leben und ihre Arbeit sprechen. So bekommt man einen spannenden Einblick in die Gedankenwelt erfolgreicher Menschen und kann vielleicht auch den einen oder anderen Tipp für das eigene Leben mitnehmen.
Weitere Podcast-Tipps: OMR Podcast, Kassenzone, Digital Kompakt
2. Selbstständig zu sein bedeutet nicht nur sein eigener Chef zu sein, sondern letztlich auch sein:e erste:r und einzige:r Angestellte:r zu sein. Damit einher geht, dass man sich selber Strukturen, Routinen und Prozesse schaffen muss. Das ist Selbstdisziplin. Welche Mittel und Wege helfen dir dabei, um dich selbst zu organisieren und weise mit deinen Freiheiten umzugehen?
Wenn du dir selbst eine Struktur schaffst, kannst du dich besser organisieren und effektiver arbeiten. Eine gute Struktur hilft dir, deine Zeit und deine Aufgaben besser zu planen, zu priorisieren und zu koordinieren.
Sie gibt dir auch Halt und Orientierung, wenn du mal nicht weißt, was du als Nächstes tun sollst. Eine gute Struktur setzt sich aus verschiedenen Elementen zusammen. Zunächst einmal musst du dir überlegen, welche Aufgaben du erledigen willst und in welcher Reihenfolge du sie abarbeiten möchtest (Prioritäten setzen!). Dann musst du dir überlegen, wie viel Zeit du für jede Aufgabe einplanen willst und wie du die verschiedenen Aufgaben miteinander verknüpfen kannst. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die ausführliche Dokumentation. Du solltest dir überlegen, welche Informationen du für jede Aufgabe benötigst und wo du sie findest. Dokumentation hilft dir nicht nur, dich an Details zu erinnern, sondern sie kann auch hilfreich sein, wenn du deine Arbeit später noch einmal referenzieren musst. Um eine gute Struktur zu erstellen, kann es hilfreich sein, sich von anderen Menschen inspirieren zu lassen oder verschiedene Systeme auszuprobieren. Informiere dich also über die verschiedenen Möglichkeiten und finde heraus, welche für dich am besten funktioniert.
Tool-Tipps: Clockodo (Zeiterfassung); Sevdesk & Fastbill (Buchhaltung und Rechnungslegung)
Praxistipp: Möglichst immer tageweise für Kunden arbeiten – Das hilft bei deiner Struktur enorm
3. Im Volksmund sagt man „Selbstständig zu sein bedeutet: Selbst und ständig.“ Ob das immer so stimmt, hängt sicher von einem selbst ab. Aber eins ist klar: Selbstständigkeit verlangt Selbstachtung. Wie gelingt es dir, dass du verantwortungsvoll mit deiner Zeit und deinem Körper umgehst?
Ich habe es bisher immer irgendwie geschafft, meine familiären Verpflichtungen mit meinem Berufsleben in Einklang zu bringen. Natürlich ist es nicht immer einfach und es gibt Zeiten, in denen ich mich viel mehr um die Familie kümmern muss, aber das ist okay. Wenn ich sehe, dass ich meine Familie vernachlässige, dann mache ich etwas dagegen und ändere meine Prioritäten.
Allerdings gibt es auch Projekte, die sehr viel Zeit in Anspruch nehmen und in denen ich einfach nicht „nein“ sagen kann (12-16 Stunden pro Arbeitstag und das tlw auch an Wochenenden). In solchen Situationen bin ich froh, wenn mich meine Familie unterstützen kann. Sie verstehen dann, dass ich einfach nicht alles tun kann und sind mir trotzdem eine große Hilfe.
Für mich ist es wichtig, dass ich mich selbst respektiere und achte. Nur so kann ich auch für andere da sein und ein gutes Vorbild sein. Wenn ich sehe, dass ich müde oder gestresst bin, versuche ich, mir Zeit für mich selbst zu nehmen und mich zu erholen. Auch wenn es manchmal schwerfällt, ist es wichtig, dass ich mich um meine eigene Gesundheit kümmere, was in letzter Zeit leider viel zu wenig vorkam.
Praxistipp: Regelmäßige Sporteinheiten einplanen.
4. Freelancer:innen sind per se selbst ihre wichtigste Schlüsselressource und gleichzeitig auch ihr wichtigster Vertriebskanal. Damit einher geht ein nicht skalierbares Geschäftsmodell, insbesondere wenn Zeit gegen Geld verkauft wird. In der Literatur spricht man hierbei vom Owner’s Business Dilemma. Inwiefern siehst du dies für dich persönlich als ein Problem? Und welche Lösungsideen hast du, um diesem zu entkommen?
Einige Lösungsideen für das Owner’s Business Dilemma sind meiner Meinung nach:
- Ein stärkerer Fokus auf Wertschöpfung statt auf Zeitverkauf: Viele Freelancer:innen verkaufen ihre Zeit und ihre Dienstleistungen stundenweise. Dies kann zu einem Problem werden, wenn die Freelancer:innen versuchen, mehr Geld zu verdienen, indem sie mehr Stunden arbeiten. Stattdessen sollten sie sich auf die Schaffung von Mehrwert für ihre Kund:innen konzentrieren und versuchen, ihren Stundensatz zu erhöhen.
- Den Aufbau eines Netzwerks von Freelancer:innen und Kund:innen: Ein gutes Netzwerk von Freelancer:innen und Kund:innen kann dabei helfen, neue Kund:innen zu gewinnen und die Arbeit effizienter zu gestalten. Die Freelancer:innen sollten versuchen, enge Beziehungen zu ihren Kund:innen aufzubauen und sich mit anderen Freelancer:innen vernetzen.
- Die Schaffung eines skalierbaren Geschäftsmodells: Um das Owner’s Business Dilemma zu überwinden, ist es wichtig, ein skalierbares Geschäftsmodell zu entwickeln. Dies bedeutet, dass das Unternehmen oder die Organisation in der Lage sein sollte, mit wachsendem Volumen oder größerer Nachfrage problemlos umzugehen. Einige Möglichkeiten hierfür sind der Aufbau einer digitalen Infrastruktur oder die Automatisierung bestimmter Prozesse.
- Die Nutzung von technologischen Lösungen: Technologische Lösungen können dabei helfen, das Owner’s Business Dilemma zu überwinden. Sie ermöglichen es Freelancer:innen, ihre Arbeit effizienter und flexibler zu gestalten. Beispiele hierfür sind Projektmanagement-Tools oder -Plattformen sowie Kommunikations- und Zusammenarbeitslösungen wie Slack, Teams oder Zoom.
5. Man sagt, dass eine Unternehmensvision die Voraussetzung für die Strategie und damit den langfristigen Erfolg ist. Es dreht sich dabei alles um die Frage, was man ernsthaft mit seinem Business erreichen will. Gilt dies auch für Freelancer:innen? Was ist dein langfristiges Ziel mit deiner Selbstständigkeit?
Freelancer:innen müssen sich im Klaren darüber sein, was ihr langfristiges Ziel ist, wenn sie erfolgreich sein wollen. Dabei geht es nicht nur um die Frage, was man mit dem Business erreichen will, sondern auch um die Frage, wie man es erreichen will. Ohne eine klare Vision und Strategie wird es schwer sein, auf Dauer konkurrenzfähig zu bleiben.
Ein stabiles und konkurrenzfähiges Unternehmen zu haben, ist mein langfristiges Ziel. Dafür muss ich mir aber eine gute Strategie überlegen. Die erste Frage, die ich mir stelle ist: Welche Nische möchte ich bedienen? Dann muss ich mir überlegen, welche Leistungen ich anbiete und wie ich mich von der Konkurrenz abhebe. Auch die Frage nach den Preisen ist wichtig. Wenn ich weiß, was ich will und wie ich es erreiche, kann ich meine Vision in die Tat umsetzen.
6. Viele sehen in der freischaffenden Beschäftigung die Chance, um wesentlich mehr Geld zu verdienen als in einer Anstellung. Doch immer wieder gibt es auch Beispiele, wo dies eben nicht gelingt. Was sind deines Erachtens die Faktoren, um als Freelancer:in erfolgreich zu sein? Wo siehst du Gefahren und Herausforderungen in der Selbstständigkeit? Und wie ist dein Weg hier gewesen?
Es gibt viele Gründe, warum sich Menschen für eine Selbstständigkeit entscheiden. Für die einen ist es die Freiheit, die sie in ihrer Arbeit haben wollen, für die anderen ist es die Chance, mehr Geld zu verdienen. Doch unabhängig davon, welche Motivation hinter der Entscheidung steckt, eine Selbstständigkeit aufzubauen, gibt es einige Punkte, die für diese Art der Arbeit sprechen.
Zunächst einmal ist die Selbstständigkeit eine gute Möglichkeit, um sein eigener Chef zu werden. Man ist nicht mehr an die Regeln und Vorgaben eines Arbeitgebers gebunden und kann seine Zeit frei einteilen. Außerdem hat man die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, welche Art von Arbeit man verrichten möchte. Natürlich ist es auch möglich, sich als Angestellter weiterzuentwickeln und Karriere zu machen, doch oft sind die Möglichkeiten hier begrenzt. Als Selbstständige:r hat man hingegen die Chance, sein Unternehmen stetig weiterzuentwickeln und zu expandieren.
Ein weiterer großer Vorteil der Selbstständigkeit ist die finanzielle Unabhängigkeit. Natürlich ist es am Anfang oft schwer, genug Aufträge zu bekommen und sich so ein stabiles Einkommen aufzubauen. Doch wenn man erst einmal etabliert ist, kann man sein Einkommen deutlich steigern. Darüber hinaus hat man als Selbstständige:r auch die Möglichkeit, von Zuhause aus zu arbeiten und so Zeit und Kosten für den Weg zur Arbeit zu sparen.
Allerdings sollte man auch nicht verschweigen, dass die Selbstständigkeit mit einigen Risiken verbunden ist. So ist man beispielsweise auf sich alleine gestellt und hat keinen Arbeitgeber, der einem bei Schwierigkeiten helfen könnte. Auch das finanzielle Risiko ist deutlich höher als in einem Angestelltenverhältnis. Wenn man also nicht gut plant oder Pech hat, kann es schnell passieren, dass man sein Geschäft wieder dichtmachen muss.
Insgesamt bietet die Selbstständigkeit sowohl Chancen als auch Risiken. Wer sich für diese Art der Arbeit entscheidet, sollte sich daher im Klaren darüber sein, was auf ihn zukommt. Nur wer bereit ist, das Risiko einzugehen und richtig hart arbeitet, kann als Selbstständige:r langfristig erfolgreich sein.
Praxistipp: Von Anfang an großzügige Rücklagen für Steuern, Krankenversicherungen und Co. beiseite legen. Sonst kommt man womöglich irgendwann in Zahlungsschwierigkeiten.
7. Würdest du jemals wieder in ein Angestelltenverhältnis zurückgehen (wollen)? Warum bzw. warum nicht?
Sag niemals nie. Es gibt viele Vorteile, in einem Angestelltenverhältnis zu arbeiten. Dazu gehören Freelancer-Fremdworte wie „fixe Urlaube“ und das „Recht, mal krank zu sein“. Es kann natürlich auch sehr beruhigend sein, einen festen Gehaltsscheck zu bekommen.
Natürlich gibt es auch Nachteile, aber insgesamt muss man immer alles gegeneinander abwiegen. Ich würde vielleicht wieder in ein Angestelltenverhältnis zurückkehren, wenn die Faktoren Herausforderung/ Perspektive/ Gehalt stimmen. Oft hat man sich als Freelancer an einen höheren Standard gewöhnt und muss dann gegebenenfalls Abstriche machen. Auf der anderen Seite könnten die geregelten Arbeitszeiten wieder für mehr Quality-Time mit der eigenen Familie bedeuten. Das muss jeder für sich selbst entscheiden und seine eigenen Prioritäten setzen.